Das Timing des LL.M.-Studiums

Zeitpunkt des Studiums

Die Frage, ob das LL.M.-Studium nach der 1. oder nach der 2. juristischen Prüfung angegangen werden sollte, kann nicht generell beantwortet werden. Vielmehr müssen  die LL.M.-Interessierten sich über die Frage ganz individuell klar werden, ob und wann die Motivation und die Voraussetzungen für den eigenen Gang ins Ausland vorliegen. Einige objektive Kriterien für die Entscheidungsfindung, nicht deren subjektive Gewichtung, können aber durchaus benannt werden (s. u.).
Klar machen sollte man sich, dass in der Regel die Vorbereitung auf die 1. Prüfung genau so wie die auf die 2. Prüfung von dem Vorbereitungsaufwand für ein LL.M.-Studium tangiert sein dürfte, wenn man es im Anschluss an eine dieser Prüfungen absolvieren möchte.

Für das LL.M.-Studium erst nach der 2. Prüfung spricht, dass man dann einen größeren Überblick über das deutsche Recht hat (gerade im Prozess- und Verfahrensrecht), was beim Erlernen einer ausländischen Rechtsordnung hilfreich sein kann (und sogar im New York Bar Exam, wenn man dort nicht mehr weiter weiß - dann auf gut Glück nach deutschem Recht lösen!). Manche/r wird das Wissen aus der Vorbereitung auf die 1. Prüfung möglichst schnell ins Referendariat statt ins Ausland tragen wollen. Zudem birgt die LL.M.-Vorbereitung vor der 1. Prüfung das Risiko, dass sie sich nachher als vergeblich herausstellt, weil man nach dem Freiversuch den Wiederholungsversuch nutzen will oder mit der erhaltenen Note - sei sie zwangsläufig oder freiwillig endgültig - keine Zulassungschance an der einstigen Wunsch-Universität hat. Außerdem verbessert die im Laufe des Referendariats (oder davor oder danach) gewonnene Berufserfahrung ("Employment" im Sinne eines anglo-amerikanischen Lebenslaufs!) die Zulassungschancen an der Wunsch-Universität. Nicht zuletzt können u. U. steuerliche Überlegungen eine Rolle spielen (Absetzen der LL.M.-Kosten als Ausbildungskosten von einem etwaigen Verdienst in einer Überbrückungszeit nach der 2. Prüfung). Eine weitere wirtschaftliche Überlegung kann sein, den Kostenaufwand für das LL.M.-Studium von der Note der 2. Prüfung abhängig machen zu wollen, weil die bekanntermaßen extrem notenabhängigen späteren Berufs- und damit Verdienstaussichten die Entscheidung beeinflussen, in den LL.M. zu investieren. Dass die Note der 2. Prüfung, sofern sie im Bewerbungsverfahren bei der Law School überhaupt schon vorliegt (worauf es nicht ankommt!), auf die Zulassungschancen Einfluss hat, ist nicht üblich.

Für das LL.M.-Studium schon nach der 1. Prüfung spricht möglicherweise die Überbrückung einer längeren Wartezeit auf eine Referendariatsstelle. Außerdem besteht noch ein engerer Draht zur Universität und zur Professorenschaft, was für die Bewerbung von Vorteil sein kann. Im Referendariat erschließen sich mit dem ausländischen LL.M.-Titel ferner sicherlich Möglichkeiten, die sonst schwieriger zu bekommen gewesen wären. Oft ist auch zu hören, dass nach der 1. Prüfung keine Motivation mehr besteht, sofort mit dem Referendariat oder einer Promotion weiterzumachen, sondern dass eine Abwechslung vom deutschen Recht willkommen ist.